12. Januar 2010

Auf dem Weg zum virtuellen Copyshop

Berliner Webportal stellt Bücher gratis online

Fachbücher online lesen - kostenlos und ganz legal? Ein Berliner Startup bietet diesen Service an und will damit sogar noch Geld verdienen. Selbst die Verleger spielen nach anfänglichem Zögern mit. Der Grund: Immer mehr Bücher stehen illegal im Netz.

Der Kampf um die Bücher fängt an den Unis pünktlich mit dem Semester an. Professoren teilen Literaturlisten aus. Die ersten Referate müssen geschrieben, Vorlesungen nachbereitet werden. Der Ansturm auf die Uni-Bibliotheken beginnt. Doch nicht jedes Fachbuch ist in ausreichender Stückzahl vorhanden. Es gilt das Motto: Wer zuerst kommt, liest zuerst.

Buchpiraten auf dem Vormarsch

Kaufen ist keine Alternative. Fachbücher sind teuer. Ihre Preise übersteigen studentische Budgets bei weitem - zumal dann, wenn man aus einem Buch nur ein paar Seiten braucht. Buchpiraterie ist eine Urheberrechtsverletzung und kein Kavaliersdelikt. Dennoch darf es nicht verwundern, dass im Internet immer mehr Fachbücher zum kostenlosen, aber illegalen Download angeboten werden.

"Wenn ein Buch, das ich dringend brauche, nicht in der Bibliothek zu haben ist, leihe ich es über die Fernleihe bei Bibliotheken in anderen Orten aus. Aber das kann dauern. Zwei Wochen mindestens, oft länger", erzählt Amelie K., Studentin aus Würzburg. Dienste wie Google Books wären für die Studentin eine Alternative. Doch bei Google Books(Externer Link - Öffnet in neuem Fenster) gibt es nur Bücher, deren Urheberrecht längst abgelaufen ist. Aktuelle Werke findet man dort nicht.

Kostenlos und ganz legal

Genau hier liegt die Geschäftsidee von PaperC einem jungen Webportal mit Stammsitz in Berlin. Wer sich bei PaperC anmeldet, kann aktuelle Fachbücher von der ersten bis zur letzten Seite online lesen - völlig kostenlos und ganz legal. Nur das Ausdrucken kostet Geld: fünf bis zehn Cent pro Kopie. So viel zahlt man auch, wenn man ein Buch in einem regulären Copyshop kopiert - sofern es in der Bibliothek des Studienorts vorhanden ist.

"Die Idee entstand, als ich während meiner Diplomarbeit zwischen meinen Studienorten Berlin und St. Gallen in der Schweiz hin und her pendeln musste", sagt Felix Hofmann, einer der drei Gründer des innovativen Buchportals. "Einmal musste ich am Flughafen sogar Übergepäck für meine vielen Bücher zahlen."

Er habe im Internet nach Möglichkeiten gesucht, Bücher online zu lesen. "Ich habe nichts Brauchbares gefunden", erzählt der 26-jährige Berliner im Gespräch mit heute.de. Zusammen mit seinem Kommilitonen Martin Fröhlich habe er dann die Idee zu PaperC entwickelt. Dritter im Bunde ist Lukas Rieder, ein 22-jähriger Softwareentwickler aus Berlin.

"Wie ein virtueller Schreibtisch"

Das Konzept war schnell geboren, die Webseite rasch aufgesetzt. Was fehlte, war das Einverständnis der Verlage. "Am Anfang war es schwer, die Verlage von unserer Idee zu überzeugen", berichtet Hofmann. Teure Fachbücher online stellen und gratis lesen lassen? "Das ging über den Horizont vieler Verleger hinaus", sagt Fröhlich.

Am Ende setzten sich die Berliner mit ihrer Geschäftsidee durch. "Entscheidend war das Argument, dass an den Unis sowieso massenhaft kopiert wird, die Autoren dafür aber nur Peanuts bekommen", so Fröhlich. Die Urheberrechtspauschale, die beim Kauf von Kopiergeräten fällig wird, gleiche den Einnahmeverlust, der Verlagen und Autoren durch Kopien entsteht, nicht aus, so das Argument der Berliner.

1.500 Titel im Angebot

Anders beim Geschäftsmodell von PaperC: "Unsere Plattform ist wie ein virtueller Schreibtisch", sagt Fröhlich. "Bei uns können Bücher online auch mit Notizen versehen werden. Wir gehen deshalb davon aus, dass viele Nutzer die Bücher, die sie durcharbeiten, auch ausdrucken wollen." An jeder Kopie, die PaperC verkauft, verdienen die Verlage mit. "Und zwar mehr, als sie sonst für eine Kopie bekommen."


Auch der Hinweis auf die zunehmende Buchpiraterie im Netz traf offenbar ins Schwarze. Siebzehn Fachverlage ließen sich von den Berlinern bisher überzeugen. Mit "mehr als doppelt so vielen Verlagen" sei man im Gespräch. "Aktuell haben wir knapp 1.500 Titel auf der Plattform", zieht Hofmann Bilanz. Derzeitiger Schwerpunkt: Computer- und Geisteswissenschaften. "Wir arbeiten aber hart daran, bald alle Bereiche abzudecken", so der 26-jährige Berliner.

(Alfred Krüger - heute.de)

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