Bitte eine neue Rechtschreibreform für Internetbenutzer
Das Schöne an der starken Verbreitung von PCs und Internetanschlüssen ist ja, dass einem eine ungeheure Kommunikationsplattform zur Verfügung steht. Wir können problemlos Informationen erhalten und mit aller Welt kommunizieren.
Die Schattenseite dieser Entwicklung ist, dass nun tatsächlich auch sehr viele Menschen mit aller Welt kommunizieren. Es gibt tatsächlich Leute, die Emails mit folgendem Wortlaut versenden:
[Zitat]von Emails. So verfügen nur 34 Prozent der Deutschen mit Hauptschulabschluss ein E-Mail-Konto, Bundesbürger mit Abitur kommen jedoch auf 79 Prozent. es fehlt das Wort ÜBER[Zitat Ende]
Es ist schon faszinierend, wie die Möglichkeit, E-Mails zu versenden, Menschen dazu verleitet, sich in einer Form zu artikulieren, zu der Sie sich nur in äußersten Notfällen per Brief hätten hinreißen lassen.
Der fehlende Betreff mag ja noch als Ausrutscher durchgehen – allerdings können Sie bereits jetzt damit rechnen, dass die E-Mail im Spam-Filter des Empfängers hängen bleibt. Was aber ein deutliches Zeichen für ein gepflegtes Maß an Unhöflichkeit ist, ist der Verzicht auf jede Form der Anrede. Ob das die normale Umgangsform dieser Menschen ist? Würden sie auch ihre Bankfiliale betreten und dort der Dame hinter dem Schalter ohne Ansatz einen Halbsatz ins Gesicht schmettern? Warum muss das dann in der E-Mail so sein?
Die Wirkung eines solchen E-Mail-Stils ist enorm: Der Schreiber hat, ohne dass auch nur ein Blick auf den Inhalt seiner Mail gefallen ist, sein Desinteresse am Empfänger dokumentiert. Man fragt sich, warum er denn überhaupt schreibt, wenn er offensichtlich so wenig für den Empfänger übrig hat.
Aber unser Mann holt noch weiter aus und wirft einige Worte in seine E-Mail. Viele Mail-Versender scheinen der irrigen Auffassung zu unterliegen, dass sich die Empfänger grundsätzlich langweilen und sehnlichst darauf warten, dechiffrieren zu dürfen, was das Desaster auf ihrem Bildschirm wohl bedeuten soll. Dabei gilt anscheinend eine Faustregel: Je weniger Inhalt, desto unverständlicher sollte die E-Mail gehalten sein.
So etwas wie eine Erklärung oder eine zumindest rudimentäre Grammatik in Form von An- und Abführungszeichen, Auslassungsmarkierungen oder Groß- und Kleinschreibung sind nach einer solchen Sicht der Dinge natürlich grundverkehrt, würden sie es doch viel zu leicht machen, den Sinn der E-Mail erkennen zu können.
Als wäre das noch nicht hinreichend, entschließt sich der Verfasser, dass die E-Mail möglicherweise von einem Schwerhörigen gelesen wird. Also macht er Nägel mit Köpfen und schreit den wichtigsten Teil seiner Nachricht gleich noch in Großbuchstaben. Da entfällt dann gleich noch eine Grußformel oder eine Namensnennung – was darauf schließen lässt, dass dem Schreiber zumindest bruchstückhaft klar ist, was er da an geballter Peinlichkeit in die Welt entlassen hat. Warum sonst sollte er anonym bleiben wollen?
Hilfreich ist es im Zweifelsfall immer, zu überlegen, ob man das, was sich so schnell per E-Mail verschicken lässt, in dieser Form auch für 55 Cent per Brief versenden würde.
Fazit: Der an sich gut gemeinte Hinweis auf einen Tippfehler wird hier durch den schlechten Stil zu einem unfreiwilligen Bumerang für den Verfasser. Wer E-Mails ohne Betreff, Anrede und Grußformel verfasst, dazu im Text noch mit Großbuchstaben schreit, outet sich in erster Linie als ungehobelter Klotz und verprellt mit seiner Unhöflichkeit seine Mitmenschen.
Vielen Dank für diesen wertvollen Beitrag an Torsten Kieslich, das musste echt einmal gesagt werden :)
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